The superficiality of the sentence "How are you?" - baj.

Die Oberflächlichkeit des Satzes „Wie geht es dir?“

Der vielverwendete Satz „Wie geht´s dir?“ hat sich in das Gefüge der täglichen Gespräche eingewoben. Es handelt sich um eine Standardbegrüßung, eine gesellige Nettigkeit, die oft geäußert wird, ohne große Erwartungen auf eine echte Antwort zu haben. Aber was wäre, wenn wir tatsächlich mit der ungeschönten Wahrheit antworten würden? Was wäre, wenn dieser scheinbar harmlosen Frage mit roher Ehrlichkeit begegnet würde?

Bei mir kommt es gefühlt selten vor, dass mich jemand ehrlich und aufrichtig fragt, wie es mir geht, und meine ehrliche Antwort, insbesondere wenn sie nicht ganz positiv ausfällt, diese Person nicht direkt überwältigt. Nur eine handvoll Leute, verwendet diesen Satz eben nicht nur als Phrase, sondern haben echtes Interesse.

Da immer mehr Menschen floskelhafte Fragestellungen denen einer ehrlichen und aufrichtigen Frage vorziehen und somit auch die Erwartungshaltung einer ehrlichen Antwort eher gering ist, habe ich oft Schwierigkeiten zu evaluieren mit wieviel Tiefe ich den Menschen um mich herum begegnen soll, oder besser gesagt, kann. Insbesondere, nachdem ich ein paar Mal versucht hatte, eine ehrliche Antwort zu geben, die heftig abgelehnt oder heruntergespielt wurde, habe ich mich in der Regel dafür entschieden, einfach mit der gleichen Tiefe zu antworten, mit der mir die Frage gestellt wird, nämlich keiner (was bedeutet, dass ich automatisch sage: „Alles super“).

In der heutigen schnelllebigen Welt ein „Wie geht´s dir?“ ist eher eine rhetorische Frage als eine echte Frage geworden. Es ist ein Standardskript, eine gesellschaftliche Konvention, an die wir uns gewöhnt haben. Wir beherrschen die Kunst, mit einem oberflächlichen „Mir geht´s gut, danke“ zu antworten, selbst wenn unser Herz schmerzt oder unser Geist mit Sorgen belastet ist.

Aber denk mal einen Moment darüber nach, welche potenzielle Macht eine authentische Antwort mit sich bringen würde. Was wäre, wenn wir es wagen würden, ehrlich zu antworten und unsere wahren Gefühle mitzuteilen, ob sie nun freudig, melancholisch oder irgendwo dazwischen liegen? Würde dieser einfache Dialogwechsel endlich wieder den Weg für sinnvollere Verbindungen ebnen?

Die Wahrheit ist, dass die Akzeptanz von Verletzlichkeit in unseren Interaktionen tiefere menschliche Verbindungen fördern können. Je mehr wir uns verschließen, desto mehr entfernen wir uns voneinander. Wenn wir ganz aufrichtig unsere echten Gefühle teilen, können wir gesehen, gehört und verstanden werden. Es durchbricht die Mauern der täuschenden Oberflächlichkeit und lädt zum Mitgefühl ein. Wenn wir offen über unsere Freuden, Ängste und Kämpfe sprechen, schaffen wir einen Raum für echte Verbindung und Unterstützung. Aber nicht jeder ist dazu bereit oder möchte diese Art von Intimität. Heutzutage scheint jeder so mit sich selbst beschäftigt zu sein, dass kaum noch Platz für eine andere Person oder deren Gefühle bleibt.

Angenommen, wir würden diese Ehrlichkeit über die oberflächliche Frage „Wie geht´s dir?“ hinaus auszudehnen und eine der wichtigsten Fragen stellen, nämlich „Bist du glücklich?“. Das ist eine Frage, die den Kern unseres emotionalen Wohlbefindens berührt und zu einem Maß an Selbstbeobachtung und Ehrlichkeit einlädt, das über gesellschaftliche Normen hinausgeht. Diese Frage ist neu, anders und überraschend und kann daher oft nicht einfach weggewischt werden.

Genau diese Frage hat die Macht uns eben aus dieser eingeschlichenen "Wie geht´s dir"-Routine rauszubringen. Sie ist ein Anstoß nachzudenken. Jemanden zu fragen, ob er glücklich ist, ist eine Einladung wirklich zu reflektieren, eine Chance, in die Feinheiten unserer Gefühle und Erfahrungen einzutauchen. Es ermutigt uns, über unseren Zustand der Zufriedenheit, unsere Quellen der Freude und die Bereiche nachzudenken, in denen wir nach Erfüllung suchen könnten. Darüber hinaus signalisiert es die Bereitschaft, tiefergehende und bedeutungsvollere Gespräche darüber zu führen, was im Leben wirklich wichtig ist.

Die Schönheit dieser Fragen liegt nicht nur in ihren Worten, sondern eben auch in dem Raum, den sie für eine echte menschliche Verbindung schaffen. Sie ermutigen uns, aktiv zuzuhören, Mitgefühl zu zeigen und uns gegenseitig durch die Höhen und Tiefen des Lebens zu unterstützen. Indem wir Authentizität in unseren Interaktionen fördern und den Mut haben, ehrlich zu fragen und zu antworten, können wir eine stärkere, einfühlsamere Gemeinschaft aufbauen, in der sich die Menschen wirklich gesehen und verstanden fühlen.

In einer Welt, in der oberflächliche Gespräche oft dominieren, hat die Kraft echter Nachfragen und ehrlicher Antworten das Potenzial, emotionale Lücken zu schließen und uns bei einem ehrlichen Gespräch nach dem anderen einander näher zu bringen. Wie wäre es, wenn du einfach mal bei deinen Freunden beginnst und deren Antwort auch echten Raum gibst? Genau das könnte etwas ganz Wundervollem führen. 

Auch ich muss mich ganz klar zukünftig wieder mehr dazu "zwingen", wobei dies mir ebenfalls die Chance gibt, meine bestehenden Beziehungen neu zu evaluieren und zu schauen, wem ich mich tatsächlich öffnen möchte und wer echtes Interesse an den Dingen hat, die mein Herz und meine Seele bewegen. Und für die anderen gilt, dass es auch völlig in Ordnung ist, dies bei einer gewissen Oberflächlichkeit zu belassen. 

xx baj.

Zurück zum Blog

Hinterlasse einen Kommentar

Bitte beachte, dass Kommentare vor der Veröffentlichung freigegeben werden müssen.