Pausen sollten eigentlich ein natürlicher und integraler Bestandteil unseres Alltags sein, doch viele Menschen, mich eingeschlossen, finden es schwierig, sich auch nur für kurze Zeit von der Arbeit oder diversen Verpflichtungen zu lösen. Dieser Kampf ist oft mehr als nur ein Produkt unserer modernen Arbeitskultur; er kann vielmehr oft auf tiefsitzende Traumata und vergangene Erfahrungen zurückzuführen sein, die unser Verhältnis zu Ruhe und Produktivität prägen. Mir fällt es wahnsinnig schwer, überhaupt eine Pause zu machen, obwohl mein rationaler Verstand und, je älter ich werde, auch mein Körper mir immer wieder sagen, dass ich dringend eine Auszeit brauche. Eine Auszeit, um neue Kraft zu tanken, Klarheit zu gewinnen, zur Erhaltung und um zu heilen.
Die Unfähigkeit, Pausen einzulegen, hat oft ihre Wurzeln in Kindheitstraumata oder negativen Erfahrungen, die die Psyche unauslöschlich geprägt haben. Kinder, die in Umgebungen aufgewachsen sind, in denen Ruhe mit Faulheit assoziiert wurden oder in denen man sich ständig beweisen musste, tragen diese Überzeugungen oft bis ins Erwachsenenalter. Dies kann sich in einem unaufhörlichen Drang äußern, weiter zu arbeiten, angetrieben von einer unterschwelligen Angst vor Unzulänglichkeit oder Versagen. Das Trauma, sich nie „gut genug“ zu fühlen, treibt viele von uns dazu, sich zu überfordern, da ständige Aktivität mit Wert und Erfolg gleich gesetzt werden.
In manchen Fällen können traumatische Erlebnisse im Zusammenhang mit Instabilität oder Vernachlässigung zu einem gesteigerten Verantwortungsbewusstsein und dem Zwang zur ständigen Wachsamkeit führen. Manche von uns, die in einer unberechenbaren Umgebung aufgewachsen sind, entwickeln eine gesteigerte Wahrnehmung ihrer Umgebung und das Bedürfnis, jeden Aspekt ihres Lebens zu kontrollieren. In diesem Zusammenhang kann sich eine Pause gefährlich oder unverantwortlich anfühlen, da sie bedeutet, die Kontrolle abzugeben und möglicherweise Chaos oder Misserfolg zuzulassen.
Darüber hinaus kann ein Trauma das Stressreaktionssystem des Körpers erheblich verändern. Personen mit einer traumatischen Vergangenheit leiden häufig unter einer Dysregulation ihres Nervensystems, was es ihnen grundsätzlich schwer macht, sich zu entspannen oder abzuschalten. Dieser erhöhte Erregungszustand kann zu chronischem Stress und Burnout führen, da der Körper in einem ständigen Kampf-oder-Flucht-Modus bleibt. Für diese Personen bringt eine Pause nicht die gewünschte Entspannung, sondern verschlimmert ihre Angst, da ihr Geist und Körper darum kämpfen, ein Gefühl von Sicherheit und Ruhe zu finden.
Der gesellschaftliche Druck, beschäftigt zu bleiben, und die Glorifizierung von Überarbeitung verschärfen diese persönlichen Probleme zusätzlich und machen es schwieriger, das eigene Bedürfnis nach Pausen zu rechtfertigen und ihnen Priorität einzuräumen.
Bei mir ist es eine Mischung aus all dem. Ich verbinde Pausen oft noch mit dem Glauben, dass ich sie mir verdienen muss, gepaart mit der riesigen Angst, die Kontrolle zu verlieren und an Wert zu verlieren. Ich verbinde sie mit Zurückfallen, oder anders gesagt, ich sage mir, dass ich ohne sie, so viel mehr Sch*** erledigen könnte und viel mehr Output hätte. Dieser Gedanke ist ganz offensichtlich Blödsinn, das weiß ich, denn je müder ich werde, aufgrund ständiger Beschäftigung, desto weniger produktiv bin ich, obwohl ich immer mehr Stunden reinbutter. Das ist ein Spiel das ich definitiv nicht gewinnen kann und der Weg zurück in die Hölle. Ist ja nicht so, dass ich nicht schon mehrfach versucht hätte, zu beweisen, dass diese Wahrheit falsch ist.
Ich bin in der Vergangenheit mehr als einmal mental kollabiert; ebenso ist mein Körper unter diesem ganzen Druck zusammengebrochen. Und um ehrlich zu sein, hilft der Aufbau dieses Labels mit all seinen Höhen und Tiefen, als One-Woman-Show, diesem alten Denkmuster nicht wirklich. Aber ich sehe es so: Ich nehme die Herausforderung jeden Tag an, bis ich meine Muster endlich durchbrochen habe. Es ist ein langsamer Prozess, aber wie immer im Zusammenhang mit psychischen Krankheiten, lohnt sich der Kampf, denn auf der anderen Seite des Schmerzes liegen Freiheit und Gesundheit.
Den Zusammenhang zwischen Trauma und der Schwierigkeit, Pausen einzulegen, zu verstehen, ist hierbei entscheidend. Ich musste zunächst kognitiv verstehen, warum ich nie aufhöre, warum ich das Gefühl habe, ich muss immer weitermachen, egal was passiert. Zu erkennen, dass dieser Kampf eine Reaktion auf tiefsitzende Ängste ist, kann helfen, unserem Bedürfnis nach Ruhe mit mehr Mitgefühl und Verständnis zu begegnen. Manchmal müssen wir diese Pausen letztlich auch erzwingen, bevor Körper und Geist sie uns mit einer Krankheit aufzwingen.
Letztlich müssen wir uns bewusst werden, dass Ruhe keine Belohnung, sondern ein grundlegendes Bedürfnis ist. Indem wir uns mit dem Trauma auseinandersetzen, das dem Kampf um Pausen zugrunde liegt, können wir mit der Heilung beginnen und eine ausgewogenere und erfüllendere Einstellung zu Arbeit und Leben entwickeln. Sich Zeit zum Ausruhen und Auftanken zu nehmen ist nicht nur nützlich, sondern letztlich eben essenziell.
xx baj.